Blog 22. Okt. 2024

Sind Franchisenehmer wirklich selbstständig?

 

Sind Franchisenehmer wirklich selbstständig?

Bei Selbstständigen kommt immer wieder das Thema Scheinselbstständigkeit auf und ist durchaus gefürchtet. Wird ein Selbstständiger als Arbeitnehmer eingestuft, hat dies u.a. arbeits- und steuerrechtliche Folgen für beide Seiten. Gerade Krankenkassen prüfen immer wieder, ob nicht doch ein Arbeitsverhältnis vorliegt. Doch wie verhält es sich mit der tatsächlichen Selbstständigkeit bei Franchisenehmern?

 

Franchisenehmer als eigenständige Unternehmer

Franchisenehmer sind per Definition im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig und damit rechtlich ebenso wie finanziell unabhängige Unternehmer. Sie sind zudem nicht weisungsgebunden. Bei den Anweisungen durch den Franchisegeber handelt es sich lediglich um allgemeine Weisungen. Dennoch machen Franchisegeber gewisse Vorgaben, denn nur durch Einheitlichkeit und Standardisierung funktionieren Franchisesysteme.

Es gibt daher auch Ausnahmen, bei denen Franchisenehmer keine selbstständigen Unternehmer sind oder als arbeitnehmerähnliche Selbstständige eingestuft werden, beispielsweise wenn die Vorgaben des Franchisegebers zu strikt sind, beispielsweise bezüglich Arbeitsort und -zeit. Aus diesem Grund sollte jeder Franchisegeber darauf achten, seinen Franchisenehmern keine zu strikten Vorgaben zu machen. Übrigens dürfen Franchisenehmer auch ihre Unternehmensform selbst wählen.

Eine Voraussetzung für Selbstständigkeit ist, dass es keine persönliche Arbeitszeitleistungspflicht gibt. Zudem ist in vielen Franchiseverträgen geregelt, dass der Franchisenehmer Mitarbeiter einstellen und sich vertreten lassen darf. Der Standort ist in der Regel der Standort des Franchisenehmers. In vielen Franchises kann der Franchisenehmer aber frei über seinen Arbeitsort – egal ob Büro oder Homeoffice – entscheiden. Die Arbeitszeit richtet sich nicht nach dem Franchisegeber, sondern nach den Bedingungen seines eigenen Franchisebetriebs.

 

Franchisevertrag ist kein Arbeitsvertrag

Um als Arbeitnehmer zu gelten, liegt in der Regel ein Arbeitsvertrag vor, der auch vorsieht, dass die Leistung dem Arbeitgeber zugutekommt, was im Franchise nicht der Fall ist. Der Franchisenehmer zahlt zwar eine Lizenzgebühr, seine Gewinne kommen ihm selbst zugute. Zudem verfügt der Franchisenehmer über eigene Betriebsmittel und häufig auch Angestellte.

Darüber hinaus hat der Franchisenehmer keine Vertretungsberechtigung für den Franchisegeber. Jeder Franchisenehmer meldet sein Gewerbe bei den zuständigen Behörden selbst an und wird auch bei der IHK oder anderen Verbänden selbst Mitglied. Auch um Steuern oder Zahlungen an Krankenkassen und andere Versicherungen hat er sich selbst zu kümmern. Das wirtschaftliche Risiko trägt allein der Franchisenehmer. Selbstverständlich hat der Franchisenehmer gegenüber dem Franchisegeber keine Ansprüche auf bezahlten Urlaub oder Übernahme des Arbeitgeberanteils bei der Krankenkasse. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zu Arbeitsverträgen ist die Rechtsnachfolgeklausel, die häufig in Franchiseverträgen zu finden ist.

Für eine Selbstständigkeit sprechen in der Regel

·      ein eigenes Büro bzw. ein eigenes Ladenlokal

·      Angestellte

·      die freie Einteilung der Arbeitszeiten

·      eigene Betriebsmittel und

·      eigenes Betriebskapital.

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Streitigkeiten vor Gericht, ob ein Franchisenehmer doch als Angestellter zu werten ist. Mittlerweile hat sich das System Franchise jedoch so etabliert, dass weitgehend geklärt ist, dass ein Franchisenehmer ein unabhängiger Gewerbetreibender ist.

 

Wirtschaftliche Abhängigkeit spricht für Angestelltenverhältnis

Um doch als Arbeitnehmer eingestuft zu werden, müssten einige Voraussetzungen gegeben sein, die jedoch eher selten eintreten. Die könnte der Fall sein, wenn der Franchisenehmer keine anderweitigen Einkünfte erzielt und wirtschaftlich abhängig vom Franchisegeber ist. Auch, wenn der Franchisegeber die Arbeitszeit bestimmt, kann dieser Fall eintreten.

Weitere Hinweise darauf, dass keine Selbstständigkeit vorliegt, sind umfangreiche Berichtspflichten gegenüber dem Franchisegeber, die weit über die Nennung der üblichen Kennzahlen hinausgehen. In der Regel mischt sich der Franchisegeber eher wenig in die alltäglichen Abläufe beim Franchisenehmer ein.

Um zu prüfen, ob ein Franchisenehmer wirklich selbstständig ist, gelten ähnliche Kriterien wie bei der Entscheidung über eine etwaige Scheinselbstständigkeit. Ein Indiz hierauf könnte sein, wenn der vorgebliche Franchisenehmer keinen weiteren versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und auf Dauer nur für einen Auftraggeber – in diesem Fall der Franchisegeber – tätig ist.

Auch, wenn der Franchisegeber Aufgaben, die eigentlich einer seiner eigenen Mitarbeiter erfüllen müsste, an den Franchisenehmer abgibt, sind Zweifel angebracht. Ein weiteres Anzeichen, dass ein Franchisenehmer doch eher ein Angestellter ist, ist das Fehlen unternehmerischen Handelns.

Falls sich bei einer genauen Prüfung herausstellt, dass der vorgebliche Franchisenehmer doch als Angestellter zu bewerten ist, besteht Versicherungspflicht in der Sozialversicherung. Unter Umständen kommen sogar hohe Nachzahlungen auf den Franchisegeber zu.

 

Arbeit für nur einen Auftraggeber nicht zulässig

Arbeitnehmerähnliche Selbstständige beschäftigen ebenfalls keinen eigenen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer und sind im Wesentlichen und dauerhaft nur für einen Auftraggeber, also in diesem Fall den Franchisegeber, tätig. Im Unterschied zu Scheinselbstständigen werden sie aber grundsätzlich als selbstständig anerkannt. Unter Umständen besteht dennoch eine Rentenversicherungspflicht.

Falls Zweifel an der Selbstständigkeit und rechtlicher Eigenständigkeit eines Franchisenehmers bestehen, ist dies immer eine Einzelfallprüfung. Dies kann der Fall sein, wenn sich der Franchisegeber sehr stark ins alltägliche Geschäft einbringt und beispielsweise bei Personalfragen oder ins Tagesgeschäft sehr direkt eingreift.

Der Franchisegeber muss daher jedem Franchisenehmer die Freiheit geben, unternehmerisch tätig zu werden und seine Entscheidungen selbst zu treffen. Der Franchisegeber darf und sollte jedoch beratend und unterstützend tätig werden. Auf der Grundlage von Umsatzzahlen und anderen Kennzahlen sind auch Optimierungsvorschläge möglich, daher ist ein indirekter Einfluss teilweise nicht zu vermeiden.

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