Blog 02. Apr. 2023

Franchise - Vorvertragliche Aufklärung

Aufklärung vor Vertragsunterzeichnung besonders wichtig

Nähern sich Franchisenehmer und Franchisegeber einander an und der Vertragsabschluss steht bevor, so muss der Franchisegeber vorvertragliche Aufklärung leisten. Der Franchisenehmer hat an diesem Zeitpunkt das Recht, über bestimmte Dinge informiert zu werden, bevor er den Vertrag unterschreibt. Daher sollte der Franchisegeber ihn über

· die Funktionsweise des Systems

· die betriebswirtschaftlichen Risiken und Chancen

· das Marketingkonzept und

· die Wettbewerbssituation

informieren.

Wissensvorsprung des Franchisegebers

Der Franchisegeber hat auf jeden Fall einen Informationsvorsprung, da er deutlich mehr über das Unternehmen, das System und die Branche weiß. Damit der Franchisenehmer aber vor Vertragsunterschrift genau weiß, worauf er sich einlässt, ist er auf die Informationen des Franchisegebers angewiesen, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Zudem trifft er mit Vertragsabschluss wichtige Entscheidungen, beispielsweise zur Anmietung von Räumen oder zur Kreditaufnahme. Damit er diese auf einer soliden Basis treffen kann, sind einige Informationen vor Vertragsabschluss für ihn sehr wichtig. Der Franchisegeber muss zudem seinem zukünftigen Partner Einblick ins Franchise Handbuch gewähren, damit dieser mehr über Strategien und seine spätere Arbeit erfährt.

Der Franchisegeber muss wahrheitsgemäß Auskunft geben und unter anderem seine Leistungen nennen, gewerbliche Schutzrechte offenlegen und das Franchise Handbuch vorlegen. Auch Informationen zum Kapitalbedarf, eine Standortanalyse, eine Rentabilitätsvorschau und die bisherige Anzahl der Franchisebetriebe sind sinnvoll.

Kommt der Franchisegeber seiner Aufklärungs- und Informationspflicht vor Vertragsabschluss nicht nach, kann dies zivilrechtliche Konsequenzen haben. Im besten Fall dokumentieren beide Seiten, dass sie der vorvertraglichen Aufklärungspflicht nachgekommen sind und unterschreiben ein entsprechendes Dokument.

Aufklärungspflicht vollständig nachkommen

Aus juristischer Sicht muss der Franchisegeber seiner vorvertraglichen Aufklärungspflicht

· vollständig und richtig nachkommen

· über alle Umstände informieren, die für den Franchisenehmer vor dem Vertragsausschluss von besonderer Bedeutung sind

· Informationen unaufgefordert übermitteln

· Der Franchisegeber muss Umstände unaufgefordert angeben, die den Erfolg des Franchisesystems gefährden, auch wenn diese noch nicht eingetreten sind.

Mit der Aufnahme von Vertragsgesprächen entsteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis, das die Vertragspartner zu einer vorvertraglichen Aufklärung verpflichtet. Wird dieses verletzt, so haftet der Vertragspartner, der dagegen verstößt, unter dem Aspekt des Verschuldens bei Vertragsabschluss (culpa in contrahendo).

Letztlich müssen bei Vertragsabschluss beide Seiten wissen, welche Risiken und Chancen mit der Vertragsunterzeichnung verbunden sind. Allerdings gibt es für die vorvertragliche Aufklärung in Deutschland kein bestimmtes Gesetz und beruht daher auf dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Der Franchisegeber muss daher seine sogenannten echten Aufklärungspflichten erfüllen und dem Franchisenehmer die wesentlichen Umstände des Franchisesystems erläutern. Dabei sind falsche Erklärungen bzw. eine unrichtige Aufklärung nicht nur im Franchise Recht verboten. Niemand darf mit falschen Angaben zu einem Vertragsabschluss gebracht werden. Alle Aussagen des Franchisegebers müssen somit der Wahrheit entsprechen.

Frist rechtlich umstritten

Es ist rechtlich nicht eindeutig, wann die Aufklärungspflicht für den Franchisegeber beginnt. Viele Juristen sind der Auffassung, dass dies schon beim ersten Kontakt der Fall ist und der Franchisegeber dem potenziellen Franchisenehmer das System vorstellt. Ob dies eine Präsentation auf einer Messe oder im Internet ist, ist dabei unerheblich, wenn dies die Aufnahme von Vertragsverhandlungen zum Ziel hat.

Auf jeden Fall muss der Franchisegeber den Franchisenehmer innerhalb eines angemessenen Zeitraums vor der Vertragsunterzeichnung über alle wichtigen Aspekte informieren. Der Franchisenehmer muss auf jeden Fall genug Zeit haben, um alle Unterlagen und Angaben zu prüfen. Was eine angemessene Frist ist, beispielsweise zwei bis vier Wochen, ist im Einzelfall zu prüfen.

Der Franchisegeber muss im Zweifel belegen können, dass er den zukünftigen Franchisenehmer korrekt informiert hat. Hier gilt nicht nur eine bestimmte Sorgfaltspflicht, sondern auch eine besondere Schutzwürdigkeit des Franchisenehmers aufgrund des Wissensvorsprungs des Franchisegebers. Ein weiterer Punkt sind die hohen Startinvestitionen des Franchisenehmers. In einigen Fällen entfällt die vorvertragliche Aufklärungspflicht, zum Beispiel, wenn beide Partner aus der gleichen Branche kommen.

Weitere Angaben freiwillig

Über die üblichen Aufklärungspflichten hinaus können Franchisegeber freiwillig weitere Angaben machen. Hierfür gilt der Europäische Verhaltenskodex, der von der European Franchise Federation in Abstimmung mit der EU-Kommission und nationalen Franchise-Verbänden erstellt wurde. Der Deutsche Franchise-Verband e.V. (DFV) hat den Kodex übernommen.

Ob auch eine Standortanalyse zur vorvertraglichen Aufklärung und den Pflichten des Franchisegebers gehört, ist übrigens umstritten. Alle übermittelten Daten und beispielsweise Erfahrungen aus dem Pilotbetrieb müssen sachlich nachvollziehbar sein und dem Franchisenehmer dabei helfen, die spätere Rentabilität einzuschätzen. Da er aber selbstständig ist, gibt der Franchisegeber keine Garantie für die Rentabilität ab.

Rechtlich kann der Franchisegeber für aktive Falschinformationen oder für eine unterlassene Aufklärung belangt werden. Ist der Franchisegeber seinen Aufklärungspflichten nicht korrekt nachgekommen, so kann der Franchisenehmer bei einer arglistigen Täuschung den Vertrag anfechten. Wird der Vertrag rückwirkend aufgelöst, kann er die Rückerstattung seiner Aufwendungen verlangen. Verstößt der Franchisegeber gegen seine Aufklärungspflichten, kann der Franchisenehmer auch Schadensersatz geltend machen.

Korrekte Angaben des Franchisenehmers

Natürlich muss auch der Franchisenehmer dem Franchisegeber gegenüber korrekt Auskunft geben. Dies gilt vor Vertragsabschluss insbesondere für seine persönlichen Voraussetzungen. Bei Themen wie

· der Ausbildung

· beruflichen Kenntnissen

· bisherigen beruflichen Stationen und

· der finanziellen Situation

erwartet der Franchisegeber wahrheitsgemäße Angaben. Es können auch Informationen zu Unterhaltszahlungen oder Allergien wichtig für den Franchisegeber sein. Oftmals werden weitere Aufklärungspflichten auch im Vertrag festgehalten. Dies gilt vor allem. Wenn die Franchisegebühren umsatzabhängig sind und der Franchisegeber den Umsatz benötigt, um die Gebühren berechnen zu können.

Weitere Informationen in der Beratung von Artemis Franchise

Wir beantworten Ihre Fragen zur vorvertraglichen Aufklärung und bieten hierzu auch eine Schulung an. Artemis Franchise hilft Ihnen mit Mustern und Vorlagen weiter und prüft gemeinsam mit Ihnen, welche Auskünfte bei Ihrem Unternehmen wichtig sind. Auch zum Franchise Handbuch geben wir Ihnen umfangreiche Tipps. Kommen weitere juristische Fragen auf, vermitteln wir Sie gern zu Fachanwälten, mit denen wir gute Erfahrungen gemacht haben.

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